Interview: 38 ½: 1 Mann & 2 Liebhaber
Wovon handelt ihr Buch?
38 ½ ist die Geschichte von vier starken Frauen – zwei Schwestern und ihren besten Freundinnen. Frauen, die mitten im Leben stehen, Mütter und Partnerinnen, die im Beruf genauso erfolgreich sind, wie im Privaten. Attraktive Frauen, die sich nichts vormachen, die mit Selbstbewußtsein, Selbstkritik und einer gehörigen Portion Selbstironie alles Mögliche, aber auch vor allem alles Unmögliche meistern. Frauen mit Hirn und Sexappeal, mit Witz und Leidenschaft, mit Träumen und Erfahrungen – Frauen, die erwachsen sind. Sie genießen einfach alles: Das Heranwachsen der Kinder, die Herausforderungen des Berufes, die Liebe der Ehemänner und die Leidenschaft der Liebhaber und bleiben bei all dem verletzbar. Sie sind keine Opfer - sie sind Täter mit Herz und Seele.

Was ist ihre Zielgruppe?
Jede Frau, die sich gerne für ein paar Stunden unterhalten lassen möchte, die es schätzt mit einem Schmunzeln auf den Lippen eigene Erfahrungen wiedererkennen und dabei genießt. Ein Freund hat das Buch gelesen und ist der Meinung, das Männer es auch lesen sollten – die Chance, die eigene Frau dann etwas besser verstehen zu könne wäre ziemlich groß, sagte er.

Warum haben Sie das Buch geschrieben? Was war der Anlass?
Ich lese gerne und die meisten Bücher, die man zwischendurch lesen kann, haben halt immer das eine Thema: Männer. Nicht falsch, aber, in fast allen Büchern ist der Dreh- und Angelpunkt „die Frau auf der Suche nach ihrem Prinzen auf dem weißen Roß“. Oder sie hat ihn bereits gefunden und er geht fremd oder er macht sich aus dem Staub. Auf die Dauer fand ich das ziemlich langweilig und einseitig und, ehrlich, auch ein bisschen an der Realität vorbei. Ich bin Baujahr 1960, somit ein Kind der Babyboom-Generation und habe meinen Prinzen bereits vor 21 Jahren gefunden, geheiratet und lebe immer noch mit ihm. Auch bin ich mal mehr und mal weniger glücklich verheiratet – denn keine Ehe von zwanzig Jahren ist täglich glücklich - eins vermisse ich doch ganz gewaltig: die Schmetterlinge im Bauch, die man in den ersten Jahren der Beziehung hatte. Das Kribbeln, wenn er abends nach Hause kommt. Was macht man dann? Die Beziehung beenden und sich in ein neues Abenteuer stürzen? Den Partner nur als Lebensabschnittspartner betrachten? Keine Rücksicht auf Kinder und alles andere nehmen? Oder einfach stumpf weitermachen? Ich konnte kein Buch finden, in dem so eine Geschichte locker, lustig und mit Selbstironie erzählt wurde. Also habe ich mich selbst hingesetzt und fröhlichst auf die Tastatur gehämmert. Ich hoffe, dass die Leser es genießen und genauso viel Spaß beim Lesen haben, wie ich beim Schreiben hatte. Vielleicht können sie eigene Situationen und Gefühle wiedererkennen und darüber auch einmal herzhaft lachen..

Das lässt vermuten, dass es alles eigene Erfahrungen sind?
Wenn ich die Erlebnisse meiner Charaktere alle selbst hätte erfahren wollen, dann hätte ich weder Zeit für meinen Beruf noch für meine Familie gehabt, geschweige denn Zeit, um auch noch ein Buch zu schreiben. Aber natürlich habe ich mir auch meine Gedanken gemacht. Was wäre, wenn man der „großen“ Liebe von früher eine Mail schickt? Oder, wie würde ich reagieren, wenn ein Adonis à la David ernsthafte Absichten hätte. Das Schöne am Schreiben ist, dass man eine Basisidee hat. Eigene Gedanken oder Wünsche in der Kategorie „das würde ich gerne mal ausprobieren“. Im Buch kann ich alles ausleben, mir überlegen, wie wäre es vielleicht geworden. Kaum hat man einem Charakter Leben eingehaucht, entwickelt sich dieser von ganz alleine. Ganz schnell weiß man, dass Susa so nie reagiert hätte, aber vielleicht Andrea.

Welcher Charakter ist Ihnen am nächsten?
Alle Frauen bis auf Barbara. Claudia ist in Ansätzen so, wie ich früher war, Andrea und Susa haben viel von mir, aber sind auch ein Puzzle-Spiegelbild meiner Freundinnen.

Wie würden Sie als Andrea oder Susa entscheiden?
Beide Entscheidungen könnte ich mir vorstellen. In Andreas Situation hätte ich genauso gehandel, denn ich bin ein Kopfmensch. Ein Leben mit einem so viel jüngeren Mann wäre nicht für mich gemacht. Ich brauche einen intelligenten, starken Partner. Jemanden der mir Kontra gibt, der im Alltag seinen Mann steht, der Lebenserfahrung hat. An Susas Stelle hätte ich mehr um die Ehe mit Martin gekämpft und alle Hebel in Bewegung gesetzt um es wieder hinzubekommen – aber jetzt verrate ich schon zuviel.

Was macht eine Deutsche in Holland?
... und das schon seit fast siebzehn Jahren! Mein Mann und ich hatten immer eine deutliche Absprache: Derjenige, der den besseren Vertrag heimbringt, der die besseren Karrierechancen hat und mehr Kohle verdient, bestimmt wo wir hingehen. In den ersten Jahren unserer Beziehung war das einfach. Mick war noch Student und ich habe gearbeitet. Aber ich wollte gerne weg, zumindest aus Köln. Nach fast dreißig Jahren hatte ich genug von der karnevalistischen Rheinmetropole. Auf meinem Wunschzettel stand als Ziel „irgendwo am Meer“ ganz oben. Natürlich dachte, hoffte und wollte ich Richtung Süden. Dann kam das Angebot der ESA- Eurpoean Space Agency. Ich werde es nie vergessen: wir hatten gerade eine Woche unter südfranzösischer Sonne verbracht, als Mick die Einladung der ESA auf den Tisch flatterte. Also fuhren wir los. Man hatte uns ein Zimmer mit Meerblick im Hotel Oranje gebucht. Es war Mitte Juni, herrlichstes Wetter, die Nordsee glitzerte wie das Mittelmeer... Ein knappes halbes Jahr später bin ich mit Sack und Pack nach Holland gezogen. Ich fühle mich hier richtig wohl.

Sie sind die Managerin von Linda de Mol, Gordon und Dieter Troubleyn und ganz nebenbei auch noch Mutter und Ehefrau. Wie schaffen Sie es, das alles unter einen Hut zu bringen und ist das Buch Ausgleichsgymnastik?
Ja, zum Teil sicherlich. Wenn ich schreibe, kann ich, genauso wie beim Laufen, komplett entspannen, mein Kopf wird frei und ich strukturiere meine Gedanken ganz neu. Schreibe ich, dann bin ich voll in meiner Geschichte, hasse jegliche Störung und lebe das Leben meiner Hauptdarsteller so intensiv mit, dass ich schon in Tränen vor meinem Computer saß. Als ich schniefend weiterschrieb, kam meine Tochter ins Büro, sah mich erstaunt an und wollte wissen was los ist. Ich habe ihr die Szene erklärt und wir haben gelacht – nicht über die Buchszene, nein, über mich.

Zum Glück sind mein Mann und meine Tochter arbeisttechnisch einiges von mir gewöhnt. Als ich anfing zu schreiben, saß ich auch noch an den Wochenenden viel im Büro. An Sonntagen fiel es kaum auf, denn mein Mann spielt Rugby und Töchterchen ist ein fröhlicher Teenager, der entweder mit ihren Freundinnen im Kino ist, shoppen geht oder mit den Hausaufgaben kämpft. Also konnte ich ziemlich unbehelligt schreiben. Aufgefallen ist es, wenn wir in unserem Haus in Spanien waren und ich mich kaum vom Computer losreißen konnte. Dann hat mein Mann öfter mal ein Machtwort gesprochen. Aber ehrlich: Ohne das Verständnis und die Geduld der Beiden, einer Haushaltshilfe und viel Improvisations- und noch mehr Organisationstalent hätte es niemals funktioniert.

Sie sind selbst schon über Vierzig, war der Vierzigste ein Problem?
Nein, ich war mit Freunden und Familie in Österreich Skilaufen. Habe mir an dem Tag einen Privatlehrer gegönnt – natürlich in der Hoffnung auf ein charmantes Kerlchen. Aber nein, ich bekam Model „wir fahren dann heute mal 120 km“ und „ich korregiere gnadenlos ihre Fehler“ dazu noch knapp sechszig und mit schütterem Haar. Juchhu! Abends war ich ziemlich ausgepowert, hatte zwar viel gelernt, aber kein einziges Mal auch nur im Ansatz geflirtet. Dann haben wir gefeiert.

Vierzig hat auch so seine Vorteile: man hat seinen Platz im Leben, weiß selbst, wer man ist und wo man noch hin will, sprich, man hat kaum noch Selbstzweifel. Ich war wie befreit von dem ständigen Gefühl, es allen recht machen zu wollen und von allen geliebt zu werden. Man kann gut akzeptieren, dass es Menschen gibt, die einen nicht mögen, denn es gibt auch einige, die man selbst nicht ausstehen kann. Vor dem Fünfzigsten hat es mich eigentlich immer gegraut. Das hat sich aber vor zwei Jahren geändert. Mit 50 ist eine gute Bekannte von mir an Krebs gestorben. An einem Abend im April rief sie an und erzählte mir von der niederschmetternden Diagnose. Drei Monate später war sie einfach nicht mehr da. Jetzt ist wieder eine Freundin erkrankt. Man sollte sich über jeden Geburtstag, den man gesund und munter feiern darf, freuen.

Wie schreiben Sie? Und wie gehen Sie mit einer Schreibblockade um?
Ich versuche, ziemlich diszipliniert zu schreiben. Wenn möglich, zwei Tage pro Woche, aber das ist oft pures Wunschdenken. Daher immer dann, wenn es meine Zeit erlaubt. Normalerweise gehe ich jeden Morgen 3 bis 5 km laufen. Das ist meine Sauerstoffzufuhr für den Tag. Egal ob Regen oder Schnee, ich habe meinen Ipod dabei und renne los. Nur bei Sturm kneife ich. Wenn ich nicht mehr weiterweiß, kann es durchaus sein, dass ich nochmals meine Laufschuhe anziehe und mir die Birne freirenne. Das ist herrlich. Dann ist der Kopf klar und ich weiß, wie ich weiterschreiben will.

Es kann aber auch sein, dass ich eine Packung Zigaretten kaufe, zehn Stück hintereinander wegqualme, mir schlecht wird, und ich trotzdem genau weiß, was ich schreiben will.

Männer kommen in dem Buch nicht so gut weg. Ist das wirklich ihre Meinung??
Nein. Ich liebe Männer! Männer kommen nicht wirklich schlecht weg, ich habe ihnen nur eine Nebenrolle zugedacht und keine Hauptrolle. Sie sind die Auslöser für meine Geschichte.

Was hat ihr Mann zu ihrem Buch gesagt?
Er hat es erst kürzlich gelesen, vorher immer mal wieder einen Abschnitt, manchmal ein ganzes Kapitel und öfter habe ich ihn um Rat gefragt. Er war beeindruckt und leicht irritiert. Beeindruckt über das was, wie und warum. Leicht irritiert über den Inhalt, denn er wollte wissen, ob alle Frauen wirklich so drauf sind.

In Ihrem Roman wird ganz schön "Fremdgegangen". Wie halten Sie es damit?
Was ist Treue? Geht man auch schon fremd, wenn man jemanden anders attraktiv findet? Ist ein Kuss zu viel, oder ist man erst untreu, wenn man Sex hatte? Was ist, wenn man körperlich nie fremdgeht, aber im Kopf den Liebesakt mit jemand anderen praktiziert? Ich bin absolut kein Freund der offenen Ehe. Auch halte ich gar nichts davon alles zu beichten, um sein Gewissen zu erleichtern. Ich möchte es gar nicht wissen. Wenn ich mir vorstelle, mein Mann käme von einer seiner vielen Geschäftsreisen zurück und sagt zu mir:„Du, Schatz, ich bin fremdgegangen, aber es bedeutet nichts.“ Ich könnte damit nicht umgehen. Das Vertrauen wäre ziemlich angeknackst. Ich flirte für mein Leben gerne. Fremdgehen ist aber ein ganz andere Geschichte, das würde ich nicht tun. Wenn es meinem Mann zu bunt wird, dann macht oder sagt er etwas, aber nie vorwurfsvoll, sondern immer witzig. So hat er einmal einem Mann, der nicht nur mich auf ein Bier eingeladen hatte, sondern anstandshalber Mick auch, das Bier in Geschenkpapier eingewickelt und mit Dank zurückgegeben. Der Typ war erstaunt. Herrlich, wenn ein Mann so relaxed ist und keinen cholerischen Anfall bekommt.

Jetzt mal ehrlich, die große Liebesgeschichte im Roman ist so tief- und schmerzreich, haben sie die am eigenen Leib erfahren?
Eigenerfahrung bis zu einem bestimmten Teil. Jeder hat mal so eine große Liebe erlebt. Wenn man Glück hat, kann man mit ihr/ihm leben, aber oft ist gerade die große Liebe nicht lebbar und vielleicht ist es auch gerade deshalb „die große Liebe“..

Sie haben eine Tochter im pubertierenden Alter. Wie fand sie das Buch?
Sie hat einzelne Chapter gelesen, fand es lustig, aber kann es logischerweise mit sechzehn nicht nachvollziehen.

Ist ein weiteres Buch geplant?
Ja, ich bin schon dran. Darum habe ich ein offenes Ende geschrieben. Und es macht gewaltig viel Spaß. Andrea, Susa, Claudia und Barbara erleben wieder richtig viel, werden vor zig Entscheidungen gestellt und müssen öfter zwischen Herz und Verstand hin und her pendeln, als ihnen lieb ist. Außerdem gibt es dieses Mal sogar Tote, heiße Sexszenen und manche Verstrickungen. Ich glaube, dass es am Ende von Buch zwei ein Happy End geben wird – nur wer mit wem??.

Könnten Sie sich vorstellen, bei Erfolg den Job zu wechseln – Autorin statt Managerin? Was macht mehr Spaß?
Nein, schreiben ist toll, entspannt und gibt Energie, aber mein Beruf ist mein größtes Hobby. Ich organisiere, plane, regele, entwickele und manage einfach viel zu gerne. Beides zusammen fühlt sich komplett an. Die Hektik als Managerin und die Zurückgezogenheit der Autorin – herrlich!

War Ihr enger Kontakt zu Linda de Mol hilfreich, einen Verlag zu finden?
Natürlich, dadurch kenne ich einfach wesentlich mehr Leute, aber letztendlich war der Inhalt des Buches entscheidend. Kein Verlag hätte mein Buch gekauft nur, weil ich die Managerin von Linda de Mol und Gordon bin. Das wäre nur wesentlich gewesen, wenn ich über meine Arbeit geschrieben hätte.

Wie ist es, für Linda de Mol und Gordon zu arbeiten?
Abwechslungsreich – never a dull moment. Die beiden sind halt Multitalente. Für Linda arbeite ich bereits seit vierzehn Jahren. Sie ist offen, herzlich, diszipliniert, enorm kreativ, ohne Starallüren - ein Profi, wie aus dem Bilderbuch. Es macht Spaß, mit ihr zu arbeiten, denn sie weiß genau was sie will. Privat ist sie eine wichtige Freundin, deren Rat ich nicht missen möchte. Für Gordon arbeite ich seit einem Jahr und das wirklich gerne. Gordon ist unglaublich kreativ, schnell und messerscharf in seinen Gedankengängen.

Welche Bücher lesen Sie?
Saskia Noort „terug na de kust“ und der „eetclub“ habe ich verschlungen, Helen van Royen „de ontsnapping“ konnte ich auch nicht weglegen, Klumn war mir zu schwerverdaulich, da eine Freundin an Krebs gestorben ist. Gerade habe ich „Mijn geheim“ van Els Quaegebeur gelesen – wunderbar entspannend. Ansonsten lese ich nach wie vor viele deutsche Bücher.

Haben Sie sich je gewünscht, dass Männer bzw. Ihr Mann Ihre Gedanken lesen können?
Nein, um Gottes Willen. Nur wenn ich vorher bestimmen könnte, welche er lesen kann.

Wenn es möglich wäre, würden Sie mal für einen Tag "Mann" sein wollen? Was würden Sie als erstes tun, was würde Sie reizen?
Die emotionale Erlebniswelt könnte interessant sein. Das was er fühlt, wenn er sich mit seiner großen Liebe streitet, beim Sex, beim Wiedersehen oder Auseinandergehen. Wann lügen Männer und welche taktischen Spielchen haben sie drauf? Eigentlich möchte ich noch nicht einmal Mann sein, sondern nur ein Einblick in ihre Gebühlswelt haben.

Ist für Sie Shoppen Entspannung?
Nein, shoppen ist wirklich alles andere als entspannend. Für mich ist es der größte Stress überhaupt und darum vermeide ich ihn. Im Winter muss man sich zuerst aus Unmengen eigener Klamotten schälen, um irgendeinen Fummel anprobieren zu können. Im Sommer verdient die Umkleidekabine eher die Bezeichnung Sauna. Herbst und Frühling sind ideal, nur dann haben schon längst alle zugeschlagen und die wirklich „tollen“ Dinge sind weg. Entspannung pur ist für mich, mit einem Buch in der Hängematte zu liegen und zwischen den einzelnen Kapiteln einzuschlafen.